Sachverständiger Heinrich Böll mit Erich Fried
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1974-75

Prozess gegen Erich Fried, Hamburg

Kurt Groenewold hat den Schriftsteller Erich Fried viele Jahre vertreten und ist vielfach öffentlich mit ihm aufgetreten.

1988 wurde er Testamentsvollstrecker von Erich Fried.

Erich Fried hatte in einem Leserbrief an den Spiegel die Erschießung des Studenten Georg von Rauch in Berlin als „Vorbeugemord“ bezeichnet. Daraufhin hatte der Berliner Polizeipräsident Strafanzeige gegen Fried erstattet.

Die Hauptverhandlung gegen Fried und die für das Ressort Leserbriefe zuständige Redakteurin fand in Hamburg statt.

Dem Studenten Georg von Rauch war vorgeworfen worden, Mitglied einer kriminellen Vereinigung gewesen zu sein. Er war bereits festgenommen und stand mit erhobenen Händen vor einer Häuserwand, machte jedoch keine Anstalten, sich zu verteidigen oder zu fliehen. Die Polizei behauptete, er habe einen Fluchtversuch unternehmen wollen und sei zudem im Besitz einer Pistole gewesen. Er sei deshalb in Notwehr erschossen worden.

Mit einer umfangreichen Erklärung machte Erich Fried die Hauptverhandlung zum Tribunal. Als Sachverständigen hatte der Verteidiger Kurt Groenewold den Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll geladen, der den Ausdruck „Vorbeugemord“ als angemessen für einen kritischen Schriftsteller bezeichnete.

Der Prozess endete mit Freispruch.

Allerdings wurde später Frieds Verleger Klaus Wagenbach wegen desselben Sachverhalts verurteilt, aufgrund der Tatsache, dass im Roten Kalender von „Mord an Georg von Rauch“ gesprochen worden war.